9th Stop: Gauss-Weber-Monument

Shortly after his death in 1891, the city strove to honor the physicist Wilhelm Weber. With the approval of many prominent scientists a monument depicting both Weber and Gauss was created. 
In 1899 the revealing ceremony took place on the Gauss-Weber-Wall where the monument surrounded by flower beds had been erected. 
The portrayal focuses on the scientists’ most popular invention: the world’s first magnetic telegraph. Although Weber had been banned from his profession and the university by the Hanoverian King after joining the Goettingen Seven from 1837 to 1849 his reputation as a person and a scientist never suffered in any way.

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Wertschätzung der Gelehrten

Die Bedeutung der beiden Physiker Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Weber war schon zu ihren Lebzeiten unübersehbar. Daher schlug der Göttinger Oberbürgermeister Georg Merkel bereits unmittelbar nach dem Tod Webers im Jahr 1891 vor, ein Standbild für diesen zu errichten. Städtische Kollegien stimmten dem Plan grundsätzlich zu, plädierten aber für die Einbeziehung von Gauß. Im Mai 1892 wurde ein von sechs Professoren der Göttinger Universität unterzeichneter Spendenaufruf veröffentlicht, dem sich im Dezember 1892 zahlreiche weitere Naturwissenschaftler und andere Prominente anschlossen, darunter Robert Bunsen, Werner von Siemens, Ernst Abbe, Wilhelm Röntgen, Max Planck und Hermann von Helmholtz. 

Als Künstler gewann man den Berliner Prof. Carl Ferdinand Hartzer, der bereits das Göttinger Denkmal für den Chemiker Friedrich Wöhler gefertigt hatte.
Das Denkmal bekam einen repräsentativen Ort am Stadtwall, im Rücken des (1977 abgerissenen) Chemischen Instituts, und wurde damals in eine repräsentative Anlage von Blumenrabatten eingebettet. Am 17.6.1899 fand mit großem Aufwand die feierliche Enthüllung des mit vier Vorhängen verhängten Denkmals an dem nun offiziell Gauß-Weber-Anlage getauften Abschnitt des Stadtwalls statt. Das Denkmalkommittee bildete zur Einweihung eigens sechs Kommissionen, und zwar die Einladecommission, die Festschriftcommission, die Ausstellungscommission, die Deputationscommission, die Enthüllungscommission und die Festessencommission. Die Weiherede hielt der Göttinger Physiker Prof. Woldemar Voigt. Die Ansprache des Göttinger Oberbürgermeisters Calsow gipfelte in der Verpflichtung:
„Ich übernehme das Denkmal in das Eigentum der Stadt mit dem feierlichen Versprechen, daß Göttingens Bürgerschaft in seiner Erhaltung und Pflege des Denkmals allzeit eingedenk sein wird, was sie dem Andenken dieser Heroen des Geistes und der Wissenschaft schuldig ist.“

Der Vorschlag für ein Doppeldenkmal und seine Realisierung zeigen, welche Wertschätzung im öffentlichen Bewusstsein vor allem der von Gauß und Weber gemeinsam in Göttingen entwickelte Telegraph erfahren hatte. So nimmt es nicht wunder, dass der Künstler diese Erfindung in den Mittelpunkt seiner Konzeption stellte: Gauß (in der Darstellung der Sitzende der beiden Wissenschaftler) hält ein Stück Telegraphendraht in der Hand – das heute leider fehlt – , während vor Webers rechtem Fuß eine Drahtrolle liegt. Weber stützt sich mit der linken Hand [von hinten sichtbar] auf einen Dreifuß mit einigen Aufbauten: den (etwas vereinfachten) Zeichengeber des Telegraphen. Zu erkennen sind die beiden 125 cm langen senkrechten Magnetstäbe aus Uslarer Gussstahl. Über diese Stäbe gestülpt ist die zur eigentlichen Zeichengebung unerlässliche Induktionsspule, deren zylindrische Holzummantelung mit den zwei Handgriffen aus Messing hier sichtbar ist. Mit all diesen Insignien wird der bekanntesten und populärsten Erfindung der beiden Wissenschaftler, dem elektromagnetischen Telegraphen, Reverenz erwiesen.

Ferdinand Hartzer gestaltete das Doppeldenkmal nach Physiognomie und Ausstattung sehr realistisch – mit einer Ausnahme: Den Altersunterschied von immerhin 27 Jahren zwischen dem älteren Gauß und Weber hat der Künstler in seiner Darstellung bewusst übergangen. Als Begründung führte er an, ihm lägen keine Bildnisse des jungen Weber von genügender Qualität vor. Die Lebendigkeit der Darstellung, die mit der Betrachtung von verschiedenen Standpunkten aus noch wächst, und die Konzentration auf den Telegraphen machen das Doppelstandbild jedoch zur Würdigung einer Gelehrten-Freundschaft – möglicherweise sollte die äußerliche Angleichung des Alters daher auch die Gleichrangigkeit der beiden Wissenschaftler unterstreichen.
Auf die Person von Carl Friedrich Gauß wird an anderer Stelle eingegangen. (>> Stationen Universitätssternwarte, Gauß-Grabmal und C.F. Gauß-Studentenwohnheim) An diesem Ort soll Wilhelm Weber näher vorgestellt werden.

 

Wilhelm Weber

Wilhelm Weber wurde 1804 in Wittenberg geboren. 1826 promovierte er in Halle zum Doktor der Physik. Nach dem Tode des Göttinger Lehrstuhlinhabers der Physik Johann Tobias Mayer (Tobias Mayer d.J.) wurde Weber 1831 als Nachfolger vorgeschlagen. Er nahm an und ging von seiner letzten Arbeitsstelle in Leipzig zu Fuß nach Göttingen. Hier forschte und lehrte er als Professor der Physik und arbeitete eng mit Gauß zusammen. Er leitete das Physikalische Kabinett am Papendiek (>> Station Paulinerkirche) und wohnte nur wenige Meter entfernt im Haus des Buchhändlers und -druckers H. Dieterich in der Gotmarstraße 1, in dem schon Lichtenberg gelebt hatte (später hatte er ein eigenes Haus in der Jüdenstraße 40). (>> Station Lichtenberghaus) Bei aller Potenz in der Forschung gab es Kritik an der Lehrpraxis Webers, wie aus einem Brief eines Mitglieds des Universitätskuratoriums in Hannover an Webers Kollegen und Freund Gauß hervorgeht:
„...Schade nur, daß dieser gewiß sehr geistvolle Gelehrte noch immer nicht dahin gelangen kann, seinen Vorlesungen die erforderliche Klarheit und Verständlichkeit zu geben und daß daher viele Studierende, die sich diesem Fache nicht ex professo widmen, es unterlassen Physik zu hören. Euer Hochwohlgebohren würden Sich ein großes Verdienst erwerben, wenn Sie den Ursachen, auf welchen die vielfachen Klagen über die Unklarheit des Vortrags des Herrn Prof. Weber beruhen, nachforschen und ihn sodann darauf freundschaftlich aufmerksam machen wollten...“ 
Leider wissen wir nicht, ob dieses auch heute noch bekannte universitäre Problem im Falle Webers behoben werden konnte.

Im selben Jahr, aus dem der zitierte Brief stammte, entwickelte Weber gemeinsam mit Gauß den ersten elektromagnetischen Telegraphen. (>> Stationen Paulinerkirche und Universitätssternwarte) Die intensive wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Weber und Gauß, die von einer engen persönlichen Freundschaft begleitet wurde, bedeutete einen Glücksfall sowohl für die Naturwissenschaften als auch für die Göttinger Universität. Gemeinsam legten die beiden Forscher in den 1830er Jahren mit dem absoluten Maßsystem einen Grundstein für die weitere naturwissenschaftliche Entwicklung. Auf dieser Grundlage schufen sie neue Messmethoden und entwarfen neue Messgeräte. Den Göttinger Magnetischen Verein, der durch weltweite Messungen die Erforschung und Analyse des Geomagnetismus vorantreiben sollte, bauten Gauß und Weber zu einer internationalen Organisation aus. (>> Station Universitätssternwarte)

Diese äußerst fruchtbare Zusammenarbeit zweier großer Wissenschaftler wurde nach sechs Jahren abrupt beendet, als Wilhelm Weber gemeinsam mit sechs anderen Göttinger Professoren (W. Albrecht, F.C. Dahlmann, H. Ewald, G.G. Gervinus, J. Grimm und W. Grimm) dem hannoverschen König Ernst August 1837 öffentlich Verfassungsbruch vorwarf. Der König bestrafte die sogenannten Göttinger Sieben mit Amtsenthebung. (Heute steht ein Denkmal der Göttinger Sieben am Landtag in Hannover und ein Modell davon im Foyer der Staats- und Universitätsbibliothek am Platz der Göttinger Sieben.) 

Um die Kooperation mit Gauß nicht gänzlich aufgeben zu müssen, blieb Weber zunächst als Privatgelehrter in der Stadt. Ernste finanzielle Probleme zwangen ihn aber dazu, 1842/43 das verwaiste Ordinariat für Physik an der Universität Leipzig zu übernehmen. Erst im Gefolge der Revolution von 1848 gelang es Gauß zu Ostern 1849 mit Unterstützung Ewalds, Weber wieder an die Georgia Augusta zu holen. Hier wandte Weber sich immer stärker dem Thema Elektrodynamik zu. Nach dem Tode seines Freundes Gauß 1855 wurde Weber Mitglied der provisorischen Direktion der Göttinger Sternwarte. 1856 gelang es ihm zusammen mit R. Kohlrausch, aus elektrischen Messungen die Lichtgeschwindigkeit zu bestimmen. Weber führte die absoluten Einheiten zur Messung der elektrischen Größen in die Elektrizitätslehre ein und legte damit auch auf diesem Gebiet wesentliche Grundlagen für die weitere Entwicklung. Die wissenschaftliche Praxis beförderte er durch die Erfindung zahlreicher Messgeräte, die die Grundlage für moderne Instrumente bilden. So ist die moderne Wechselstrommesstechnik ohne Webers Elektrodynamometer nicht denkbar. Wilhelm Weber gelang es darüber hinaus als erstem, akustische Schwingungen in elektrische umzuwandeln. Die physikalische Einheit „Weber“ („Wb“) bezeichnet den magnetischen Fluss und hat bis heute Gültigkeit. 1875, im Alter von 71 Jahren, gab Weber die Leitung des Physikalischen Instituts ab. 1886, anlässlich seines 60-jährigen Doktorjubiläums, ernannte die Stadt Göttingen Wilhelm Weber zu ihrem Ehrenbürger. 86-jährig starb Weber am 23.6.1891 in Göttingen.