Vereinigung Göttinger Werke

Schriftzug an Hausfassade restauriert, Göttinger Wirtschaftsgeschichte dokumentiert

Martin Rühlmann und Sven Arnold von Fa. Lisa Witte und Sohn pausen die Umrisse des Schriftzugs auf.

Ganz unscheinbar befindet sich seit knapp 100 Jahren an der Fassade des Gebäudes Hospitalstraße 10 ein Schriftzug: Vereinigung Göttinger Werke – Sartorius Werke, Gebr. Ruhstrat, Spindler & Hoyer Elektroschaltwerk. Im Sommer 2018 wurde der Schriftzug restauriert, eine Tafel erläutert die Hintergründe.

Messtechnikunternehmen in Göttingen und der Region haben eine einmalige Dichte und genießen Weltruf. Dass dies bereits vor über 100 Jahren der Fall war, wird an einem Haus in der Hospitalstraße 10 ersichtlich. Hier hatte die „Vereinigung Göttinger Werke“ ihren Sitz. Dieser Ort hat somit ein beträchtliches Gewicht für die Wirtschaftsgeschichte Göttingens.

„Noch ein Jahr und wir hätten den historischen Schriftzug mit dem Handbesen von der Wand fegen können“, berichteten Martin Rühlmann und Sven Arnold vom Malerfachbetrieb Lisa Witte & Sohn. Das Unternehmen aus Harste bei Göttingen führte die Restaurierung durch, erstellte Farbproben, sorgte für die richtige Mischung der Komponenten zwischen Ursprungssubstanzen und der verantwortungsvoll dauerhaften Restaurierung für die nächsten Jahrzehnte.
„Dieser Ort und Schriftzug sind bedeutsam. Die Vereinigung Göttinger Werke VGW verdeutlicht schon in ihrer Gründung 1921 ein vorbildliches Zusammenarbeiten hiesiger Firmen der Feinmechanik und Optik – zunächst für den gemeinsamen Exporterfolg auf dem Weltmarkt“, erläutert Claudia Trepte die Hintergründe der Restaurierung. Der Zusammenschluss, so die Geschäftsführerin des Unternehmensverbands „Measurement Valley“, ermöglichte Akquisitionen und gemeinsame Erledigung größerer, geschlossener Aufträge, kompletter Laboratorien, Institute etc. ein-zurichten. Die VGW diente auch der gemeinsamen Darstellung auf Messen und allgemein einer schlagkräftigen Repräsentation Göttinger Kompetenz in Optik und Feinmechanik.

Elf Firmen, unter ihnen die Betriebe Ruhstrat, Lambrecht, Sartorius, Spindler & Hoyer (heute Qioptiq/Excellitas) und Winkel (heute Carl Zeiss), mit 13 Privatpersonen – in aller Regel Eigentümer der beteiligten Firmen – brachten zusammen 150.000 Mark zur Gründung der GmbH auf. Als Geschäftsführer wurde Dr. Erich Löwenstein eingesetzt, der Im November 1935 unter dem Druck der nationalsozialistischen Ver-folgung nach New York emigrierte. Wenige Jahre später löste sich der Verbund auf.
Diese für die Stadt und die Region äußerst wichtigen Messtechnikunternehmen sind unauflöslich mit der Göttinger Universität und ihren naturwissenschaftlichen Disziplinen verbunden und hatten schon unter dem Einfluss von Gauß und Weber eine weltweit führende Position eingenommen. 

Eine Tafel mit erläuterndem Text wurde ebenfalls angebracht. Diese und die Restaurierungskosten wurden gesponsert von: Carl Zeiss CMP GmbH, LAMBRECHT meteo GmbH, Ruhstrat Haus- und Versorgungstechnik GmbH, Sartorius Corporate Administration GmbH & Co. KG, Susanne und Gerd Litfin Stiftung, Measurement Valley e.V.

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