RWTH, KIT und HAWK forschen an Gewinnung von Carbonfasern aus PAN

DFG-Projekt „FouriER“ startet

Im Rahmen eines DFG-Projekts mit dem Akronym „FouriER“ erforschen Arbeitsgruppen von Professor Dr.-Ing. Thomas Gries von der RWTH Aachen, Dr. Guido Link vom KIT in Karlsruhe und Prof. Dr. Wolfgang Viöl von der HAWK vor allem die Reaktionskinetik bei Stabilisierungsreaktionen von Polyacrylnitril-Fasern unter Plasmaatmosphäre. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der thermischen Stabilisierung des Precursors, also des Vorstufenmaterials, einem zeitaufwendigen und energetisch kostspieligen Schritt bei der Gewinnung von Carbonfasern aus Polyacrylnitril (PAN).

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert dieses innovative Vorhaben mit dem Titel "Stabilisierung PAN-basierter Fasern in oxidativem Atmosphärendruckplasma – Charakterisierung der DBE und Identifikation relevanter Plasmaspezies sowie ihres Einflusses auf die Reaktionskinetik im Substrat".  Es erstreckt sich über einen vorgesehenen Zeitraum von zwei Jahren. Das HAWK-Teilprojekt fördert die DFG mit 249.000 Euro

Carbonfasern, oder auch umgangssprachlich Kohlefasern, finden sich aufgrund ihrer bemerkenswerten Eigenschaften in einer Vielzahl von Anwendungen wieder. Ihre hohe Zugfestigkeit und Steifigkeit im Vergleich zu ihrem Gewicht machen sie zu einem bevorzugten Material für viele industrielle Anwendungen. In der Luft- und Raumfahrttechnik sind Carbonfasern aufgrund ihrer Beständigkeit unter extremen Bedingungen und ihrem geringen Gewicht unverzichtbar.

Sie kommen unter anderem in der Herstellung von Rumpfstrukturen, Tragflächen und Antriebskomponenten von Flugzeugen zum Einsatz. Die Automobilbranche nutzt Carbonfasern zunehmend in Hochleistungsfahrzeugen und Rennwagen aufgrund ihrer Fähigkeit, die Festigkeit und Steifheit bei gleichzeitiger Gewichtsreduktion zu erhöhen. Seit Jahrzehnten kommen Carbonfasern daher in der Formel 1 zum Einsatz. Auch in der Fertigung von Motorradhelmen und Fahrradrahmen sind Carbonfasern üblich. In der Energiebranche sind Carbonfasern Bestandteil von Windkraftanlagenblättern, da sie die Anlagen trotz ihrer enormen Größe leicht und stabil halten. Die medizinische Industrie setzt sie in der Orthopädie und zur Herstellung medizinischer Geräte ein. Zusammengefasst gilt, dass sich Carbonfasern aufgrund ihrer Vielseitigkeit in einer Vielzahl von Anwendungen und Branchen einsetzen lassen, sodass das im Projekt FouriER durchgeführte Forschungsvorhaben einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser Technologie leisten kann.

Der Beitrag der RWTH Aachen fließt dabei aus dem Institut für Textiltechnik (ITA) in das Projekt ein, da dort die Forschenden bereits PAN-Precursor, also Vormaterialien aus Polyacrylnitril, unter verschiedenen Bedingungen stabilisieren und carbonisieren konnten. Die KIT-Expertise stammt aus dem Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnik (IHM), wo ein fundiertes Wissen in der Materialcharakterisierung vorliegt. Die HAWK konnte unter der Leitung von Prof. Dr. Viöl bereits viele Erfahrungen mit der Oberflächenmodifikation von Carbonfasern mittels Plasma sammeln, unterstützt durch die Finanzierungen von der Volkswagenstiftung (FKZ VWZN3102) und einem EFRE-geförderten Projekt (FKZ ZW6-85018299). Diese Forschung findet an der HAWK an der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit in Göttingen statt.

Von dieser Basis ausgehend liegt im Projekt FouriER die Verantwortung zur Entwicklung und Fertigung der benötigten Plasmaquellen und deren Charakterisierung bei der HAWK. Mithilfe verschiedener Analysemöglichkeiten soll das Projekt ein grundlegendes Verständnis der Wirkmechanismen im Plasma erarbeiten und ein kinetisches Modell der Gasphasenreaktionen erstellen. Hierbei greift die HAWK auf eine gutausgestattete Forschungsinfrastruktur zurück, darunter bereits von der DFG geförderte High-End-Forschungsgeräte wie ein Röntgenphotoelektronenspektrometer, spektroskopische Messsysteme und andere.