Experte für Medizintechnik wird für seine Forschung, sein Engagement am Gesundheitscampus Göttingen sowie für innovative Lehrformen ausgezeichnet
Der Göttinger HAWK-Professor Dr. Christoph Rußmann ist mit dem Niedersächsischen Wissenschaftspreis ausgezeichnet worden. Wissenschaftsminister Björn Thümler würdigte mit dem Preis die Leistungen Rußmanns in der Forschung, insbesondere im Bereich der Medizintechnik, sein Engagement als Dekan Gesundheit am Gesundheitscampus Göttingen – einer Kooperation der Universitätsmedizin Göttingen und der HAWK – sowie im Bereich Studium und Lehre. „Wir gratulieren Christoph Rußmann ganz herzlich zu diesem Preis. Er ist der vierte Wissenschaftspreisträger der HAWK. Das ist in der niedersächsischen Fachhochschullandschaft eine herausragende Leistung, was mich gar nicht erstaunt, weil unsere Wissenchaftler*innen eben häufig Herausragendes leisten, so wie Christoph Rußmann. Ich freue mich darüber, dass das so gesehen und gewürdigt wird und bin stolz darauf, dass unsere Hochschule solche Personen beschäftigt“, sagte HAWK-Präsident Dr. Marc Hudy bei der Preisverleihung im Schauspielhaus in Hannover.
Christoph Rußmann ist seit 2016 Professor für Photonik und Medizintechnik an der HAWK-Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit. Die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in der medizinischen Bildgebung, Lasermedizin sowie in der Anwendung von Künstlicher Intelligenz/Machine Learning-basierten Ansätzen in der Medizintechnik.
„Mein Ziel ist der Transfer unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse in dringend benötigte Medizinprodukte“, betonte Rußmann, „ich bin sehr dankbar für diesen Preis, denn diese Auszeichnung lenkt den Blick auf die Medizintechnik und die Notwendigkeit für Innovationen in der Medizintechnik.
Die Covid-19-Pandemie hat eindrucksvoll bewiesen, welche Herausforderungen es gibt: Auf der einen Seite das Gesundheitswesen schnell mit Impfstoffen, Tests und Medizintechnik zu versorgen und auf der anderen Seite deren Sicherheit und Wirksamkeit sicher zu stellen. Dem Thema ‚erfolgreiche Entwicklung und Zulassung von Medizinprodukten‘ widmen wir uns auf verschiedenen Ebenen: der Forschung, der Lehre und der Arbeit in firmenübergreifenden Netzwerken.“
Zu den Forschungsprojekten gehört auch das vom BMBF geförderte Projekt PhyWo, das neue Verfahren für die personalisierte Gabe und Freisetzung von Medikamenten in der Netzhaut als neue Behandlungsoption für die Altersmakuladegeneration, einer altersbedingten Erkrankung der Retina, erforscht. Das Projekt hat eine hohe wissenschaftliche Bedeutung und bietet exzellente Möglichkeiten zur Industrialisierung mit deutschen Medizintechnikfirmen.
Ein weiteres Forschungsprojekt Rußmanns ist das Vorhaben „Exskallerate“ mit internationalen Partnern. Der Gesundheitscampus Göttingen ist dabei einer von 13 Projektpartner aus sechs der Nordsee angrenzenden Ländern. Exoskelette sind eine außen am Körper getragene Konstruktion zur Entlastung des Körpers und sollen auch zur Vorbeugung von Krankheiten eingesetzt werden. So können Menschen mit diesen passiven Exoskeletten beispielsweise verschiedene Bewegungen, wie etwa das Heben von schweren Gegenständen, mit weniger Kraftaufwand ausüben oder in sonst unergonomischen Haltungen, etwa beim Arbeiten über dem Kopf, länger ohne große Ermüdungserscheinungen oder Muskelbeschwerden arbeiten. Das Vorhaben dient dazu, Exoskelette bei Bau- oder Industriearbeiter*innen zu testen, anzuwenden und weiterzuentwickeln.
In dem Projekt IFLIX mit dem Center of Genomic Research/Barcelona, Max-Planck-Institut für Biochemie, Novo Nordisk Foundation Center/Kopenhagen hat Rußmann ein Verfahren zur Untersuchung der Regulation von Genen mit atomarer Auflösung entwickelt. Das Verfahren ist von großer Bedeutung für die Pharmaentwicklung, Bioinformatik und Genomics/Proteomics, da es sehr schnell Informationen über Struktur und Art der Wechselwirkung liefert, für die man sonst Monate bis Jahre benötigt.
Mit der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) forscht Rußmann in vier Projekten auf den Gebieten der Pathologie, Medizininformatik und Lasermedizin. Im Rahmen des Projekts FemtoKoll wird ein neues Femtosekundenlaser-Verfahren zur Prävention und Behandlung der Kurzsichtigkeit entwickelt. Auf dem Gebiet der Pathologie gibt es aktuell zwei Projekte mit der UMG mit dem Ziel pathologische Untersuchungen besser und schneller durchzuführen. Im Rahmen des Projekts CT-Laser-Bone wird ein Verfahren zum microCT-geführten und Femtosekundenlaser-basierten Schneiden von Knochenproben entwickelt. Im Projekt Digi3D erforscht das industrie-geführte Konsortium ein innovatives KI-basiertes Verfahren zur Visualisierung pathologischen Gewebes ohne zeitaufwändige histologische Färbung der Probe.
Den Wissenschaftspreis hat Christoph Rußmann zudem für sein Engagement als Dekan Gesundheit des Gesundheitscampus Göttingen bekommen. Hier ist er federführend am Aufbau der Organisations- und Infrastruktur des Gesundheitscampus Göttingen beteiligt. Der Gesundheitscampus Göttingen wurde 2016 gemeinsam mit der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) eröffnet. Inzwischen werden hier die sechs Studiengänge Bachelor Therapiewissenschaften dual – Logopädie/Physiotherapie, Bachelor Pflege dual, Bachelor und Master Medizintechnik, Bachelor Soziale Arbeit im Gesundheitswesen und Bachelor Hebammenwissenschaften angeboten, in denen mehr als 500 Studierende eingeschrieben sind.
Innerhalb seiner Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit an der HAWK in Göttingen sorgte Rußmann mit seiner Expertise dafür, bei der fachlichen Ausrichtung der vom Land Niedersachsen geförderten Digitalisierungs-Professuren (erfolgreiche Einwerbung gemeinsam mit der Universität Göttingen) eine Brücke zwischen den beiden Lehreinheiten Gesundheit und Ingenieurwissenschaften zu schlagen.
Auch im Bereich Studium und Lehre ist der Medizintechnik-Experte mit innovativen Formen der Wissens- und Kompetenzvermittlung sehr erfolgreich. Im Medizintechnik-Studiengang werden den Studierenden die Werkzeuge zur erfolgreichen Produktentwicklung und deren Zulassung vermittelt anhand von Fallstudien, interprofessionellen Projektarbeiten und durch die Einbindung der Medizintechnikindustrie.
Vier Wissenschaftspreisträger an der HAWK
Christoph Rußmann ist der vierte Wissenschaftspreisträger der HAWK. Der Wissenschaftspreis wird seit 2007 vergeben. Erster Preisträger war HAWK-Vizepräsident Prof. Dr. Wolfgang Viöl von der Göttinger Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit. Er wurde für seine interdisziplinär und fakultätsübergreifende Forschungsleistung in Zusammenarbeit mit den Universitäten Göttingen und Clausthal und die Begründung des bundesweit einzigartigen Ergänzungsstudienganges Physik/Physikalische Technologien an der TU Clausthal ausgezeichnet. 2013 erhielt Prof. Dr. Ulrich Harteisen von der Göttinger Fakultät Ressourcenmanagement die Auszeichnung für seine Expertise, die Regionalentwicklung mit den Herausforderungen der demographischen Entwicklung zu verknüpfen. 2015 bekam Prof. Dr. Thomas Gaertig den Preis, ebenfalls von der Fakultät Ressourcenmanagement. Gaertig befasst sich vor allem mit dem Verständnis des Bodengashaushalts und der nachhaltigen Sicherung natürlicher Lebensgrundlagen.